Unser Weg vom Katzenliebhaber zum hobbymäßig züchtenden
Katzenliebhaber begann, wie vermutlich bei den meisten Hobbyzüchtern,
durch das Zusammenleben mit Hauskatzen.
Wir waren stolze Mitglieder in einer Wohngemeinschaft von
vier Katzen, nämlich dem Geschwisterpaar Tom und Cherry
und den um ein Jahr jüngeren Brüdern Stanley und Olly.
Wir bewohnen ein Einfamilienhaus in einem Neubaugebiet, und
unsere Katzen hatten zu diesem Zeitpunkt noch kontrollierten
Freigang. Abends, wenn es dunkel wurde, hieß es immer "Marsch,
marsch, rein ins Haus und ab ins Körbchen". In den
seltensten Fällen kam es vor, daß eine Katze nicht
zur Stelle war. Ein Klopfen an die Futterdose reduzierte aber
auch diese Situationen auf ein Minimum.
Als unsere Cherry daher eines Freitag abends im Sommer 1995
nicht erschien und auch um Mitternacht noch nicht aufgetaucht
war, waren wir etwas besorgt, aber noch nicht in Panik, da unsere
Katzen bis dahin spätestens am nächsten Morgen vor
unserer Tür saßen. Diesmal leider nicht. Voller Unruhe
suchten wir unsere Cherry und fanden sie auch - von einem Auto
überfahren und tot. Am schlimmsten traf dieser Verlust
unseren Tom. Er zog sich zurück und es dauerte fast
zwei Jahre, bis er sich uns wieder öffnete.
Im Winter 1995 meinte meine Frau, daß ein Mädchen
unserer Kastratenbande als ausgleichendes Element wohl guttun
würde. Da sie früher schon einmal Rassekatzen besessen
hatte (Siams), sollte der zukünftige Neuzugang diesmal eine
Rassekatze sein. Überlegungen, welche der verschiedenen
Rassen wohl am besten zu uns und unseren Jungens passen würde,
ließen uns bei Norwegern auskommen. Ihr Äußeres
und die Beschreibung ihrer Charaktereigenschaften (soweit sich
so etwas verallgemeinern läßt) entsprach genau unseren
Vorstellungen.
Und bei Familie Mittelstädt passierte es: es knallte und funkte.
Da war sie! Unsere Katze!
Klein und pechschwarz - Elissa vom Oelvebach, unser Lieschen,
unsere Norwegerin. Die oder keine . Wir brauchten nicht weiter
überlegen und suchen. Bevor aber Lieschen mit 12 Wochen
bei uns einzog, führte ein Besuch bei den Eltern von Stan
und Olly dazu, daß Kaminka (= die aus dem Kamin Befreite),
eine fast gleichaltrige Schildpatthauskatzenschönheit,
bei uns ein neues zu Hause fand.
Fünf Katzen im Haushalt - wenn uns das jemand vorher
gesagt hätte, wir hätten Ihn ausgelacht. Und wenn
uns zu diesem Zeitpunkt jemand gesagt hätte, daß wir
einmal züchten werden, wir hätten an seinem Verstand
gezweifelt.
Und dann trat im Laufe des Sommers das Ereignis ein, vor denen
man uns gewarnt hatte. Unbemerkt hatte sich bei uns durch die
Anwesenheit von Lieschen neben das Virus-Felix (Ich-liebe-Katzen-Virus)
das Virus-Norwegius in unseren Herzen ausgebreitet. Symptome
dieser Krankheit sind unter anderem ein nagender Wunsch nach
Norwegischen Waldkatzen im näheren Umfeld, einhergehend
mit einer zeitweisen Verblödung, was sich in einer Senkung
der Hemmschwelle in Bezug auf die maximale zu duldende Anzahl
der anwesenden Katzen im Haushalt auswirkt. Warnung: Forschungen
haben gezeigt, daß diese Krankheit nicht heilbar ist und
in ihren verschiedensten Abarten (z. B. Virus Main-Coonius, Virus-Persicus,
Virus-Türkus u. ä.) vom Virus-Felix infizierte Menschen
befällt.
Auf dem Höhepunkt der Krise kam Tinchen, eine süße
kleine Norwegerin, durch Vermittlung einer Nachbarin in unsere Wohngemeinschaft,
um unsere Leiden zu lindern.
Unsere Meinung zu diesem Zeitpunkt zum Thema Zucht - aber
doch bitte nicht mit uns!
Als mittlerweile stolze Zieheltern von zwei Norwegermädchen
und Diener von sechs Katzen verstärkte sich der Kontakt
zu anderen Züchtern. Und damit einhergehend schlich sich
langsam die Idee an eine kleine eigene Zucht ins Bewußtsein.
Das Für und Wieder einer eigenen Zucht wurde unter den
verschiedensten Aspekten diskutiert. Da unsere Freizeit schon
in der Hauptsache durch unsere Katzen gebunden war und wir sehr
häusliche Menschen sind, war der zeitliche Aspekt am schnellsten
abgehandelt. Schwierig wurde es schon bei der Beantwortung der
Frage, warum wir eigentlich züchten wollten. Erhalt und
Verbreitung dieser Rasse wurde ja schon durch andere Züchter
gewährleistet. Dies alleine konnte es ja nicht sein! Wir
mußten uns eingestehen, daß unser Wunsch, Norweger
zu züchten, stark von Emotionen geprägt war, die sich
nur schwer in Worte fassen, geschweige logisch erklären
ließen. Vielleicht war es der Wunsch nach Babys? Wer weiß.
Ein trauriges Ereignis zu dieser Zeit führte dazu, daß
das Problem des Freiganges geklärt wurde. Unser Olly kam nämlich
von einem Ausgang mit gebrochenem Hinterlauf zurück. Dank
einer Operation ist diese Verletzung aber so gut wie nicht mehr
zu bemerken. Darauf hin beschlossen wir aber, unseren Garten
katzenausbruchsicher zu gestalten, um unseren Katzen doch noch
Freigang zu ermöglichen. Unser Garten heißt jetzt
in der Nachbarschaft nur noch "Al-Katz-tras".
Unser finanzieller Hintergrund erlaubte es uns auch, die Entscheidung
für die "Zucht" zu treffen. Denn das mit einer Hobbyzucht, wie wir
sie verstanden haben wollten, kein Geld zu verdienen sei, sondern
das so ein Hobby im Gegenteil Geld kostet, war uns bewußt.
Wir entschlossen uns also für die Zucht!
Um unsere Ziel umzusetzen, entschlossen wir uns, trotz
der Probleme, die eine Katerhaltung mit sich bringen kann, uns
einen eigenen Deckkater zuzulegen. Es war uns klar, daß
wir unter Umständen ein weiteres Mitglied in unsere Wohngemeinschaft
aufnehmen, das mit der Zucht nichts zu tun haben wird - denn
wer sieht einem kleinen Katerchen schon an, welche Gene in ihm
stecken und wie er sich einmal entwickeln wird. Einige Züchter
scheuen diesen Schritt, da sie ja nach der
Kastration des Katers einen für die Zucht untauglichen
"unnützen Fresser" am Hals hätten, dessen
Platz besser durch ein potentes Mädchen ausgefüllt
werden k&uoml;nnte. Ähnliches tritt auch auf, wenn Mädchen
aus der Zucht genommen werden. Meistens endet so etwas mit der
Veräußerung der Tiere mit dem Argument, die Zucht
sonst nicht weiter fortführen zu können. Eine Schei...
Einstellung. Denn die Entscheidung, sich ein Tier ins Haus
zu holen, ist vielleicht aus Vernunftgründen, d. h. unter
züchterischen Aspekten erfolgt, sollte aber immer mit dem
Herzen getroffen worden sein. Und das, was man liebt, gibt man
in der Regel nicht so leicht ab.
Aber nun genug damit. In dieser Zeit stand Genetik und Stammbaumkunde
auf unserem Stundenplan. Wir fanden dann das Katerchen, das wird mit Verstand gesucht
hatten, aber zu dem unser Herz "Ja!" sagte. Earl-Grey,
ein lieber kleiner Lausbub. Er sollte der (hoffentlich) zukünftige
Stammvater unseres Zwingers sein. Und mit ihm waren wir auch
das leidige Problem los, wie wir unseren Zwinger nennen sollten
- Earl Grey's natürlich, wie denn sonst.
Und so lebten wir in unser Wohngemeinschaft glücklich
und zufrieden mit all den kleinen Problemen, die sich aus der
unterschiedlichen Sichtweise der Dinge von Mensch und Katze ergeben.
Meistens setzen sich die Katzen durch, besonderes mir gegenüber
(wie gesagt - ich bin von Natur aus etwas faul und streite
mich nicht gerne, wenn ich das Gefühl habe, das ich nicht
gewinnen werde). Unsere erste Ausstellung folgte und wir freuten
uns für unsere Katzen über ihre ersten kleinen Erfolge.
Als bei einer guten Bekannten eines ihrer Norwegermädchen
Auffälligkeiten zeigte, nahmen wir sie kurz vor Weihnachten
1996 bei uns auf, um die Ursachen zu ermitteln. Nach drei Tagen
mit Gefauche und Rühr-mich-nicht an hatte sich dieses Problem
erledigt. Das Tier war wie ausgewechselt. Da es auch keine Probleme
mit unseren Mitbewohnern gab, kamen meine Frau und ich überein,
sie bei uns aufzunehmen. So zog Bell-Bell in unsere mittlerweile schon Großfamilie
ein.
Und plötzlich, auf einer Ausstellung
passierte es wieder. Vor einem Ausstellungskäfig brach das Virus-Norwegius
mit aller Gewalt und in extremster Form in mir aus. Da war etwas,
was mein Herz zum Rasen brachte, mir einen blöden Gesichtsausdruck
verlieh und meine Stimmbänder lähmte, so daß
ich nur noch meiner Frau immer wieder mit quengeliger Stimme
sagen konnte: "Gisela, geh mal zu dem Käfig. Guck dir
doch einmal das Kätzchen an." Wie sie mir später
sagte, hatte sie mich daran erinnert, daß wir eigentlich
beschlossen hatten, unsere Familie aus züchterischen Gründen
in den nächsten zwei Jahren nicht mehr anwachsen zu lassen.
Es muß aber wohl aufgrund der Schwere meiner Krankheit
nicht mehr bis in mein Gehirn vorgedrungen sein.
Da auch nach Ende der Ausstellung und in den nächsten
Tagen sich keine Verbesserung der Krankheit abzeichnete, im Gegenteil
auch meine Frau die ersten Anzeichen einer Infektion zeigt, besuchten
wir das Kätzchen. Und siehe da, ein Wunder geschah.
Als Kranke fuhren wir hin und als Gesunde kehrten wir heim.
Bis auf das schmerzhafte Warten bis zur Ankunft unseres Fiolchens
war die Krankheit überwunden.
Und so kam eine Katze nach der anderen ins Haus. Einmal war es die eigene Nachzucht
, die bei uns blieb oder die wir zurücknahmen (wer einmal ging und zurückkommt, bleibt!!), zum
anderen verliebt man sich auch schon einmal in ein fremdes Kätzchen.
Mit Vernunft hat das wirklich nichts mehr zu tun. Wie schon gesagt: Virusbedingte Krankheit!
So leben wir zur Zeit mit unseren 16 Hausgenossen in trauter Runde.
Geneigter Leser, geneigte Leserin, wenn Sie sich bis hierhin
vorgearbeitet haben und nicht verzweifelt sind oder sich zu stark
gelangweilt haben, möchte ich mich bei Ihnen, auch im Namen
meiner Frau Gisela, für die Zeit bedanken, die Sie uns geschenkt
haben. Ich wünsche Ihnen und Ihren Tieren alles Gute. Vielleicht
trifft man sich ja einmal irgendwo. Bis dahin, wie heißt
es so schön auf Neudeutsch, "Have a good time"
PS: Mein Dank gilt all meinen Katzen, die mich beim Schreiben
dieses Artikels in relativer Ruhe gelassen haben.